Lindner und die FDP haben sich verzockt

Für mich ist es offensichtlich: Lindner und die FDP wollten die Jamaika-Koalition von Anfang an nicht. Warum die FDP die Sondierungen kurz vor dem Ende platzen ließ, ist die entscheidende Frage. In meinen Augen hat sich Linder schlicht und ergreifend verzockt.

Gestern früh erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel mit der Überschrift „Lindners Verhandlungstaktik irritiert Jamaika-Partner„. Darin heißt es unter anderem:

„Zum Finale der Sondierungsverhandlungen an diesem Wochenende wächst bei CDU, CSU und Grünen die Irritation und das Misstrauen über die Freien Demokraten. Aus Verhandlungskreisen wurde am Samstag bekannt, dass der FDP-Vorsitzende Christian Lindner mehr als einmal mit überraschenden Manövern versucht hat, die CSU herauszufordern und politisch rechts zu überholen.

Offenbar mehrfach, so hieß es aus Verhandlungskreisen, habe Lindner in Momenten, in denen die CDU mit Kompromissvorschlägen CSU und Grüne einer Einigung nahe gebracht habe, plötzlich eine harte Linie eingeschlagen und bisherige Positionen der CSU übernommen.“

Im Rückblick erhält dieses Verhalten Lindners eine aus seiner Perspektive rationale Komponente. Sein Ziel war offenkundig durch diesen inszenierten Hardlinerkurs die GRÜNEN so zu provozieren, dass sie die Sondierungen platzen lassen. Dann hätte sich prima die Geschichte erzählten lassen von den selbstgerechten sich nur moralisch empörenden aber letzten Endes unverantworlichen linksgrün-versifften Gutmenschen.

Lindner hat sich an der Stelle verzockt und so musste er offensiv die Exit-Option ziehen. Das eigentlich Erschreckende ist, mit welcher Unverfrorenheit die FDP ganze Verhandlerstäbe und letztlich auch 80 Millionen Bundesbürger_innen in Geiselhaft für ihr Schmierentheater genommen hat. Bleibt zu hoffen, dass die Wähler_innen bei einer möglichen Neuwahl diese Unverfrorenheit entsprechend abstrafen.

Umso besser, dass sich das GRÜNE Verhandlungsteam nicht hat provozieren lassen und immer wieder ernste (und schmerzhafte) Kompromissangebote unterbreitet hat. Das sollte auch für all diejenigen eine Lehre sein, die hinter jedem GRÜNEN Kompromissangebot den großen Verrat der Partei gewittert haben. Politik ist nun mal in erster Linie die Kunst, das Machbare auch umzusetzen und nicht in der eigenen Filterblase von der Umsetzung der Maximalforderungen zu träumen und dann erstaunt zu sein, dass man mit 8,9% der Stimmen nicht so handeln kann, als hätte man 50,1% erhalten.

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