Ich hab mich entschieden noch einen kurzen Jahresrückblick zu verfassen. Warum? Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen, und überall wird man mit mehr oder weniger gelungenen Rückblicken auf das Jahr 2014 beglückt. Besonders daneben finde ich persönlich ja, die „XYZs Jahr“-Nummer auf facebook, bei der man dankenswerterweise nur die Wahl hat, sie zu teilen oder anzupassen. Immerhin konnte ich die Sichtbarkeit so einschränken, dass nur ich das sehen kann. Und so hab ich mich entschieden ein paar Eindrücke zu Papier zu bringen (oder besser gesagt zu Blog zu bringen – auch wenn es die Formulierung (noch) nicht gibt). Allerdings gehe ich nur auf die wirklich wichtigen Sachen ein, also Musik und Bücher, die Politik bleibt (ausnahmsweise mal) außen vor.
Nicht alles, was ich hier gleich als meine persönlichen Highlights 2014 präsentiere, ist auch tatsächlich erst dieses Jahr entstanden. In den meisten Fällen ist es so, dass ich erst 2014 darauf aufmerksam geworden bin (Schande über mich!). Also, auf gehts mit dem Jahresrückblick und meinen Top 3 bei den Bands und bei Büchern.
Jahresrückblick Bands
Haken
Auf die sehr eindrucksvolle britische Band Haken bin ich durch irgendeinen glücklichen Zufall aufmerksam geworden. Die Musik ist sehr progressiv und spielt sich irgendwo in dem Bereich zwischen Queen, Yes, Dream Theater, Spock’s Beard, Genesis und co. ab ohne dabei allerdings wie eine billige Kopie zu klingen. Im Gegenteil trotz der immer wieder durchscheinenden musikalischen Ehrerbietungen gegenüber den genannten Bands bewahrt Haken jederzeit musikalische Eigenständigkeit und der Sänger hat eine beeindruckende gesangliche Breite.
Between the Buried and Me
Manchmal, ja manchmal stolpert man noch über musikalische Subgenre, von deren Existenz man nichts geahnt hat. Mathcore ist für mich so eine Bezeichnung, die mir bislang nicht geläufig war. Allerdings, wenn man sich die Musik der us-amerikanischen Band Between the Buried and Me anhört, ist die Bezeichnung durchaus passend. Extrem verspielt, komplex arrangiert und immer wieder mit überraschenden Wendungen. Wer auf Hochgeschwindigkeits-Gitarrengefrickel steht, wird an dieser Band seine helle Freude haben.
Pink Floyd
Pink Floyd kenne ich natürlich nicht erst seit dem Jahr 2014, aber in meinen Jahresrückblick gehört diese Band trotzdem. Ich oute mich jetzt mal: Ich gehöre zu denjenigen, denen das neue Album The Endless River gefällt. Viele Rezensionen des Albums waren eher negativ. Ich kann dem nicht folgen. Natürlich knüpft The Endless River nicht an den Meisterwerken an, aber war das ernsthaft die Erwartung? Hier ist Musik publiziert worden, die bei Recording-Sessions entstand und es damals nicht auf ein reguläres Album geschafft haben. Ich finde es extrem spannend, das präsentiert zu bekommen. Und mal ehrlich: Das Niveau des „Ausschusses“ von Pink Floyd ist um Längen höher, als vieles, was von anderen Bands so auf den Markt geworfen wird.
Jahresrückblick Land
Ich war bei der Bandauswahl ein wenig in Nöten, weil ich eine ganze Menge Musik in den letzten 12 Monaten für mich neu entdeckt habe. Also schummele ich jetzt ein wenig beim Jahresrückblick und füge noch die Kategorie Land ein. Ich war überrascht, was für eine lebendige Metal-Szene es offenkundig in Israel gibt. Nachdem ich 2013 schon über Orphaned Land gestolpert bin, fielen mir dieses Jahr noch Amaseffer und Distorted Harmony auf.
Orphaned Land
Musikalisch weisen Orphaned Land immer wieder Ähnlichkeiten mit Opeth auf. Aber auch hier gilt: musikalisch immer eigenständig, nie billige Kopie. Und die Band schafft etwas, was nicht selbstverständlich ist: Sie hat eine beträchtliche Ausstrahlungskraft im arabischen Raum, auch in Staaten, die alles Jüdische und Israelische verteufeln. Viele Menschen in diesen Staaten hören diese Musik, obwohl darauf teils drakonische Strafen stehen. Ein musikalisches Friedensprojekt im besten Sinne des Wortes.
Amaseffer
Die Musik von Amaseffer ist – mit einem Wort – bombastisch. Neben der sehr abwechslungsreichen Musik, weisen alle Songs auch passende Soundeffekte auf, durch die die Grenze zum Hörspiel verwischt werden. Wer also auf pompöse musikalische Arrangements steht, wird hier fündig.
Distorted Harmony
Und nochmal was für die Leute, die Gitarrengefrickel mögen. Distorted Harmony können klar im Progressive Metal-Bereich eingeordnet werden. Komplexe Rhythmusstrukturen kombiniert mit anspruchsvollen Gitarrenläufen und einem überraschend soften Gesang finden sich hier.
Jahresrückblick Bücher
Eigentlich müsste es „Autoren“ heißen, weil ich mich natürlich wieder nicht auf meine Top 3-Bücher festlegen konnte.
Kevin Hearne – Die Chronik des eisernen Druiden
Bislang sind zwei Bücher der Chroniken über den Iren Atticus, der letzte der Druiden, ins Deutsche übersetzt. Atticus, der aussieht wie 21, ist schlappe 2100 Jahre alt. Niedergelassen hat er sich im Südwesten der USA, weil es dort so wenig Götter und Feen gibt. Dumm nur, dass er in der Folge permanent von Göttern belästigt und von ihnen instrumentalisiert wird. Die Götter bei Kevin Hearne sind nämlich erschreckend menschlich, überwiegend egoistisch und nie um eine Intrige verlegen. Rasant geschriebene Fantasy-Romane, die in der Gegenwart spielen, mit viel (schwarzem) Humor geschrieben.
Scott Lynch – Locke Lamora
Locke Lamora, Mastermind der Gentleman-Ganoven, die den geheimen Frieden zwischen Dieben und Aristokratie nicht achten und nur die Wohlhabenden bestehlen, ist genial. Frech, voller Ideen für den nächsten Coup, der lang und sorgfältig geplant wird. Und doch kommt immer wieder etwas dazwischen, was die sorgfältige Planung über den Haufen wirft. Angesiedelt sind die bislang drei im Deutschen verfügbaren Abenteuer von Locke Lamora in einer Fantasy-Welt, die renaissance-artig gestaltet ist und dankenswerterweise ohne billige Fantasy-Klischees auskommt.
Marc Elsberg – Black Out und Zero
Marc Elsberg hat zwei beeindruckende Gegenwartsromane vorgelegt, in denen er sich mit den Folgen der vernetzten Welt und deren Risiken auseinandersetzt, ohne in plumpe Technikfeindlichkeit oder Moralpredigten abzugleiten. In Black Out beschreibt er die Folgen eines systematischen Hackerangriffs auf die Stromversorgung der hochindustrialisierten Staaten der Welt. Über die mittlerweile weit verbreiteten Smart Meter wird über einen langen Zeitraum die Stromversorgung unterbrochen. Elsberg zeichnet eine Version, welche Probleme auftreten können, sollte sich ein solches Ereignis tatsächlich abspielen: von massiven Störfällen in Atomkraftwerken bis zum weitgehenden Verlust der öffentlichen Sicherheit und Panik in der Bevölkerung. In dem Roman Zero macht Elsberg deutlich, wie missbräuchlich die riesigen Datenbestände, die mittlerweile über nahezu jeden Menschen bei Behörden und privaten Unternehmen gespeichert sind, eingesetzt werden können. In seinem Roman macht sich ein Unternehmen, das ein weltweit erfolgreiches soziales Netzwerk betreibt daran, das Verhalten seiner Benutzer zu manipulieren mit Hilfe der gesammelten Daten. Sicherlich kein Szenario, das heute in dieser Form umsetzbar wäre, Elsberg verdeutlicht aber sehr gut, welche Missbrauchsmöglichkeiten unserer Daten durch Geheimdienste und andere Sicherheitsbehörden aber auch private Unternehmen existieren.