Die Langstudie vom WZB über PEGIDA ist da

Gestern wurde die angekündigte Langfassung des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) über die Dresdner PEGIDA-Proteste veröffentlicht. Ich hatte mich bereits vor rund einer Woche mit der Frage beschäftigt „Was ist los mit der sächsischen Politikwissenschaft?“ und dabei auch auf die durch das WZB auf einer Pressekonferenz vorab vorgestellten Ergebnisse der Studie verwiesen.

Natürlich sind die wesentlichen Inhalte bereits auf der Pressekonferenz vorgestellt worden, die jetzt vorgelegte Langfassung bietet aber noch einmal einen sehr guten Überblick über den methodischen Ansatz und die Grenzen der Studie.

Auf der Pressekonferenz wurden im Wesentlichen die Ergebnisse der Online-Befragung der PEGIDA-Demonstranten vorgestellt. In der Langfassung sind nun auch die qualitativen Forschungsergebnisse, die aus der Beobachtung der das Demonstrationsgeschehen begleitenden Forscherinnen und Forscher eingeflossen.

Schwierigkeiten der Forschungsarbeit des WZB

Eindrücklich dokumentiert die Langfassung der Studie des WZB noch einmal mit welchen Schwierigkeiten die Forscherinnen und Forscher vor Ort konfrontiert waren:

„Einigen unserer BeobachterInnen, vor allem den 14 Zweierteams aus Berlin, die die TeilnehmerInnen wegen unserer Umfrage ansprachen, begegnete ein Teil der Demonstrierenden ablehnend, aggressiv, vereinzelt auch mit sexistischen und rassistischen Bemerkungen. Hinzu kamen ein geradezu physisches Unwohlsein, teilweise auch Ängste bei ForscherInnen und HelferInnen. Ähnlich krasse Erfahrungen sind uns im Kontext diverser früherer Befragungen und Beobachtungen auf Demonstrationen erspart geblieben.“ (S. 3)

Die Beobachtungen der Forscherinnen und Forscher bezogen sich  auf Aspekte wie die Zusammensetzung des Demonstrationszuges, die mitgeführten Plakate und Schilder, das Verhalten der eingesetzten Ordner oder auch die Inhalte der gehaltenen Reden und die Reaktion des Publikums darauf. Damit sind trotz der fehlenden Representativität der eingesetzten Online-Befragung dennoch weitergehende Einschätzungen der PEGIDA-Demonstration vom 12. Januar 2015 möglich.

Deutliches Fazit des WZB über PEGIDA

Und das Fazit des Teams um Prof. Rucht über die PEGIDA-Proteste fällt sehr eindeutig aus:

„Über die Online-Befragung hinausgehend, also auf der Basis unserer umfangreichen Beobachtungsdaten im Hinblick auf die Interaktionen zwischen Demonstrierenden und unserer Gruppe, die Reden während diverser Pegida-Demonstrationen und weiterer Eindrücke widersprechen wir der teils öffentlich vertretenen Auffassung, bei Pegida handele es sich in der Mehrheit um harmlose, wenngleich von Sorgen geplagten „Normalbürger“. Zwar befördern die OrganisatorInnen und RednerInnen von Pegida auch dieses Bild durch entsprechende Aussagen und wollen dadurch eine derartige Klientel binden bzw. dazu gewinnen, doch geht es im Kern um die Artikulation von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ und zugespitzter, um einen kaum verhüllten Rassismus.“ (S. 51)

Bleibt nur zu hoffen, dass diese Arbeit auch in Sachsen breiter rezipiert wird und die „PEGIDA-Versteherei“ damit deutlich zurück geht. Notwendig wäre es, trotz aller Zerfallserscheinungen, die PEGIDA derzeit an den Tag legt.

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