Speerspitze der investigativen Berichterstattung: Die Dresdner Morgenpost

Heute war ich Gegenstand der Berichterstattung der Dresdner Morgenpost sowie des Online-Portals MOPO24.de (der Kürze halber schreibe ich jetzt summarisch von der Morgenpost, wenn beide Medien gemeint sind, nur an den Stellen, wo eine Differenzierung nötig ist, gehe ich gesondert auf die beiden Medien ein). Mit den Schlagzeilen „Ausgerechnet ein Grüner soll die Töberich-Strafe bekommen“ (MOPO24.de) und „Ausgerechnet ein Grünen-Politiker kassiert das Geld für sein Netzwerk“ (Dresdner Morgenpost vom 21.08.2015, S. 5), publiziert die Morgenpost zwei ansonsten textidentische Artikel, in denen sie suggeriert ich würde von einer Strafzahlung profitieren. Nur: Die Fakten wurden von der Morgenpost arg zurechtgebogen, um diese Geschichte schreiben zu können.

Damit handelt es sich bei Berichterstattung der Morgenpost in meinen Augen in mehrfacher Hinsicht um falsche Tatsachenbehauptungen:

  1. indem in der Gesamtheit der Berichterstattung der Eindruck erweckt wird, ich persönlich würde von der Bußgeldzahlung profitieren;
  2. hinsichtlich der Behauptung das Geld würde in meinem Budget landen, wenn es in Sachsen eingesetzt wird.

Hintergrund

Seit längerem gibt es in Dresden ein kommunalpolitisches Streitthema um ein bauliches Großprojekt, bei dem sich die Investorin und die Stadt Dresden in einer intensiven Auseinandersetzung befinden. Teil der Auseinandersetzung war auch, dass die Investorin androhte, den Elberadweg auf dem Teilstück, das über ihr Grundstück verläuft, abzureißen, sollte die Stadt Dresden ihr nicht endlich entgegen kommen. Am 7.5.2015 machte sie ernst, und ließ ein Teilstück wegbaggern.

Diese Aktion führte zu viel Unmut. Unter anderem wurde die Investorin an diesem Abend auch Opfer einer Gewalttat, ein Mann gab ihr eine Ohrfeige. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Angreifer um Michael Ton, einen Ortsbeirat der GRÜNEN in Dresden-Neustadt. Die Dresdner GRÜNEN verurteilten den Angriff noch am gleichen Abend. Michael Ton gab in Folge des Angriffs wenige Tage später seinen Rücktritt als Ortsbeirat sowie seinen Austritt bei den GRÜNEN bekannt.

Konsequenz des Angriffs war aber auch, dass gegen Michael Ton eine Anzeige wegen Körperverletzung lief. Die Staatsanwaltschaft stellte schließlich die Ermittlungen gegen Zahlung von 500.- Euro an das Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC) ein.

Was ist falsch an der Berichterstattung der Morgenpost?

Die Morgenpost suggeriert mit ihrer Berichterstattung, insbesondere mit den gewählten Schlagzeilen, ich wäre der Profiteur dieser Geldauflage, die Herr Ton bezahlen musste. Das ist schlichtweg falsch.

Zunächst einmal muss man sich vergegenwärtigen, dass die Zahlung der Geldbuße in Höhe von 500.- Euro an das NDC durch die Staatsanwaltschaft veranlasst wurde. Bei dieser Form der Verfahrenseinstellung entscheiden Richter oder Staatsanwälte wohin das Geld fließen soll. Ob in dem konkreten Fall die Staatsanwaltschaft Herrn Ton freie Wahl gelassen hat, oder ihm die Vorgabe gemacht hat, an das NDC zu spenden, entzieht sich meiner Kenntnis. Das wäre mit der Staatsanwaltschaft oder auch Herrn Ton zu klären.

Voraussetzung für ein solches Verfahren ist, dass sich gemeinnützige Vereine auf sogenannten Bußgeldlisten registrieren lassen. Dies ist auch unter dem Stichwort Bußgeldmarketing bekannt. Für Vereine ist dies sowohl eine gängige wie auch eine dankbare Möglichkeit, Spenden zu erhalten. Im Gegensatz zu anderen Formen der Spendeneinwerbung ist das Bußgeldmarketing vom Aufwand her für Vereine recht überschaubar (Informationen dazu gibt es hier oder auch hier).

Die Spende ist an den Bundesverein des NDC gegangen. Ich selbst bin Geschäftsführer des sächsischen NDC-Ablegers Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. (Courage-Werkstatt). Wie aus den Kürzeln e.V. beim NDC und der Courage-Werkstatt unmittelbar ersichtlich, handelt es sich um zwei unterschiedliche jeweils eigenständige Vereinsstrukturen.

Von einer Bußgeldzahlung an das NDC haben also weder ich noch der Verein, bei dem ich angestellt bin, irgendetwas. Die Berichterstattung von MOPO24.de ist da sogar noch etwas perfider, weil die Überschrift dort unterstellt, ich persönlich würde von der Geldbuße profitieren. Die Dresdner Morgenpost hat diesen Eindruck mühsam umschifft, mit der Formulierung „kassiert das Geld für sein Netzwerk“.

Der Verfasser der Artikel hat am gestrigen Donnerstag den 20.8.2015 mit mir zu diesem Thema telefoniert. Der Verfasser der Artikel wurde von mir ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um unterschiedliche Vereinsstrukturen handelt und die Courage-Werkstatt nicht davon profitiert, wenn eine Bußgeldzahlung beim NDC eingeht. An dieser Stelle wäre die Geschichte eigentlich tot gewesen und der Verfasser hätte sich ein neues Thema suchen müssen. Und er hätte sich eingestehen müssen, dass er Arbeitszeit umsonst investiert hat. Leider hat er sich für einen anderen Weg entschieden.

In den Artikeln ist folgendes zu lesen:

„Das Netzwerk kümmert sich um antirassistische Bildungsarbeit an Schulen (ab der achten Klasse). Geschäftsführer Sebastian Drefahl (38): „Das Geld ist ein absoluter Glücksfall für uns. Wahrscheinlich fließen die 500 Euro in ein Anti-Gewaltprogramm oder in ‚Sexismus und Rollenverständnis‘, eines unserer zentralen Themen.“

Stimmt der Vorstand zu, würde das Geld auch in Sachsen ausgegeben – und damit im Budget von Miro Jennerjahn (36, Grüne) landen.

Der saß bis 2014 im sächsischen Landtag und ist jetzt Geschäftsführer des sächsischen Netzwerks für Demokratie und Courage.“

Aus dem Umstand, dass das Geld möglicherweise für die Arbeit des NDC e.V. in Sachsen ausgegeben wird, leitet er ab, dass das Geld damit in meinem Budget landet. Das ist sachlich falsch. Der NDC e.V. kann ohne weiteres in Sachsen eigenständig tätig werden. Eine finanzielle Verstrickung mit der Courage-Werkstatt ist damit nicht verbunden.

Natürlich gäbe es theoretisch die Möglichkeit, dass das NDC das Geld an die Courage-Werkstatt weiterleitet, genauso wie es möglich ist, dass das Geld an einen anderen Verein geht, der direkt in der Gewaltprävention tätig ist oder eben auch, dass das NDC das Geld selbst für Arbeit in Sachsen einsetzt. Der Verfasser stellt dies aber nicht als Möglichkeiten, sondern stellt es als Tatsache dar.

Was nun?

Momentan bin ich einfach nur genervt von der Art der Berichterstattung der Morgenpost, zumal sie mich heute doch einiges an Zeit gekostet hat, die ich eigentlich gerne für sinnvolle Dinge eingesetzt hätte. Ich habe mich deshalb entschieden, mich mit einem Schreiben, an den Verfasser der Artikel sowie den Chefredakteur von MOPO24.de und Dresdner Morgenpost zu wenden, das ich im folgenden dokumentiere.

Sehr geehrter Herr Kuhne, sehr geehrter Herr Hein,

hiermit widerspreche ich ausdrücklich der Berichterstattung von Dresdner Morgenpost und MOPO24.de über mich am heutigen Tage (21.08.2015) unter den Schlagzeilen „Ausgerechnet ein Grüner soll die Töberich-Strafe bekommen“ (https://mopo24.de/nachrichten/gruenen-politiker-kassiert-geld-9979) und „Ausgerechnet ein Grünen-Politiker kassiert das Geld für sein Netzwerk“ (Dresdner Morgenpost vom 21.8.2015, S. 5).

Unter massiver Verdrehung von Fakten erzeugen Sie den Eindruck, ich würde von der in Rede stehenden Geldbuße, die Herr Ton an das Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. zahlen muss, profitieren. Diese Darstellung entspricht nicht den Tatsachen. Dass es sich beim Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. und dem Verein, bei dem ich angestellt bin, um zwei eigenständige Strukturen handelt, habe ich Herrn Hein in unserem Telefonat am 20.8.2015 dargelegt. Ausführlich habe ich die in den Artikeln vorgenommenen falschen Tatsachenbehauptungen auf meiner Internetseite dargelegt (http://www.miro-jennerjahn.eu/520/speerspitze-der-investigativen-berichterstattung-die-dresdner-morgenpost/).

Ich habe zudem einen entsprechenden Fachanwalt eingeschaltet und weise Sie auf meinen Unterlassungsanspruch sowie den Anspruch auf eine Richtigstellung hin.

Im Falle der Beschreitung des Rechtsweges ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie die Auseinandersetzung verlieren und damit die Anwaltskosten zu tragen haben, hoch.

Alternativ schlage ich Ihnen folgenden Lösungsweg vor:

a) Sie berichtigen Ihre Berichterstattung im Sinne eines medienrechtlichen Berichtigungsanspruchs meinerseits. Wie Sie wissen umfasst dies die Richtigstellung der fehlerhaften Behauptungen an vergleichbarer Stelle wie die Falschmeldung und die Adressierung des gleichen Empfängerkreises. In diesem Fall also in Ihrer Printausgabe sowie auf dem Online-Portal mitsamt der bei Ihnen üblichen Verbreitungswege in den sozialen Netzwerken.

b) Ihre Berichterstattung heute hat mich einiges an Arbeitszeit gekostet. Alles in allem waren dies rund vier Zeitstunden, die ich heute dafür aufgewendet habe und die ich gerne für sinnvolle Dinge investiert hätte. Diese vier Zeitstunden stelle ich Ihnen in Rechnung. Bei einem realistischen Brutto-Stundensatz von 25.- Euro in der Stunde wären dies also 100.- Euro. Plus die Tatsache, dass bei dieser Form der Berichterstattung bei der davon betroffenen Person immer etwas haften bleibt, runde ich diese Zahl auf 150.- Euro auf.

Aber natürlich möchte ich das Geld nicht persönlich haben. Ich schlage Ihnen also vor, dass sowohl die Dresdner Morgenpost als Unternehmen als auch Herr Hein als unmittelbarer Verursacher jeweils 150.- Euro an einen gemeinnützigen Verein spenden, der sich mit den Themen Gewaltprävention oder Unterstützung von Gewaltopfern befasst. Sollten Sie sich mit diesem Weg einverstanden erklären, bin ich gerne bereit, aus meiner eigenen Tasche den Spendenbetrag noch einmal um 150.- Euro zu ergänzen. Damit kämen wir auf eine Gesamtsumme von 450.- Euro.

Ich erwarte Ihre Antwort bis Mittwoch den 26.8.2015.

Mit freundlichen Grüßen

Miro Jennerjahn

PS: Sie haben sicher Verständnis dafür, dass ich dieses Schreiben ebenfalls öffentlich mache.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.